CINXE.COM

SEHEPUNKTE - Druckversion: Rezension von: Wider alle Hexerei und Teufelswerk - Ausgabe 5 (2005), Nr. 6

<?xml version="1.0" encoding="utf-8"?> <!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"> <html lang="en" xml:lang="en" xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> <head> <title>SEHEPUNKTE - Druckversion: Rezension von: Wider alle Hexerei und Teufelswerk - Ausgabe 5 (2005), Nr. 6</title> <meta content="text/html; charset=utf-8" http-equiv="content-type" /> <link href="/css/general.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> <link href="/favicon.ico" rel="shortcut icon" type="image/x-icon" /> <link href="/favicon.ico" rel="icon" type="image/x-icon" /> <script> (function(i,s,o,g,r,a,m){i['GoogleAnalyticsObject']=r;i[r]=i[r]||function(){ (i[r].q=i[r].q||[]).push(arguments)},i[r].l=1*new Date();a=s.createElement(o), m=s.getElementsByTagName(o)[0];a.async=1;a.src=g;m.parentNode.insertBefore(a,m) })(window,document,'script','https://www.google-analytics.com/analytics.js','ga'); ga('create', 'UA-8812988-2', 'auto'); ga('set', 'anonymizeIp', true); ga('send', 'pageview'); </script> </head> <body class="printable"> <h1>sehepunkte 5 (2005), Nr. 6</h1> <h1>S枚nke Lorenz / J眉rgen Michael Schmidt (Hgg.): Wider alle Hexerei und Teufelswerk</h1> <p>Im Herbst 1994 richtete das Badische Landesmuseum Karlsruhe im Karlsruher Schloss eine viel beachtete Landesausstellung "Hexen und Hexenverfolgung im deutschen S&#252;dwesten" aus. Das Institut f&#252;r Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Universit&#228;t T&#252;bingen war ma&#223;geblich an der Ausstellungskonzeption beteiligt, vor allem an der Erstellung des gro&#223;formatigen Aufsatzbandes, der als Teil eines zweib&#228;ndigen Katalogwerkes unter der Herausgeberschaft des T&#252;binger Historikers und Institutsleiters S&#246;nke Lorenz erschien, redaktionell betreut von J&#252;rgen Michael Schmidt.</p> <p>Zehn Jahre sp&#228;ter legt das T&#252;binger Institut f&#252;r Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften, wiederum vertreten durch Lorenz und Schmidt als Herausgeber, erneut einen umfangreichen, aber handlichen Band zum Thema vor, der die l&#228;ngst vergriffene Ausstellungspublikation von 1994 ersetzen und dem Erkenntnisgewinn Rechnung tragen soll, den ein Jahrzehnt intensiver Spezialforschung zu Hexerei und Zauberei in der Region erbracht hat. In mehrj&#228;hriger Arbeit entstand am Institut "weniger eine zweite, &#252;berarbeitete und erweiterte Auflage" des Karlsruher Aufsatzbandes, "sondern ein mehr oder weniger neuer Band von stark ver&#228;ndertem Umfang und v&#246;llig neuem Aussehen" (IX), zu dem den Herausgebern zu gratulieren ist, zumal sich das Resultat als eine auch buchtechnisch ansprechend gestaltete gebundene Hardcover-Ausgabe pr&#228;sentiert, die angesichts ihres Umfangs von ann&#228;hernd 700 Seiten mit 29,90 &euro; ein durchaus erfreuliches Preis-Leistungs-Verh&#228;ltnis aufweist.</p> <p>Das Gemeinschaftswerk ist dem amerikanischen Sozialhistoriker H. C. Erik Midelfort gewidmet, der in seiner bahnbrechenden Regionalstudie " Witch Hunting in Southwestern Germany 1562-1684. The Social and Intellectual Foundations" (Stanford 1972) erstmals eine territorien&#252;bergreifende sozialgeschichtliche Untersuchung auf quantifizierender Basis bot, die zusammen mit seinem Forschungsbericht von 1968 "Recent Witch Hunting Research, or Where Do We Go from Here" einen Paradigmenwechsel in der Erforschung von Zauberei und Hexerei ausl&#246;ste und Midelfort zum Nestor einer sozialgeschichtlichen "Hexenforschung" in Deutschland machte, die sich der notwendigen Interdisziplinarit&#228;t ihrer Aufgaben bewusst ist. Der Arbeitskreis Interdisziplin&#228;re Hexenforschung (AKIH), der seit 1985 jedes Jahr im Tagungszentrum Hohenheim der Akademie der Di&#246;zese Rottenburg-Stuttgart zusammenkommt, verdankt dem Geehrten viel; und insofern ist es folgerichtig, dass der AKIH, der auf ein 20-j&#228;hriges Bestehen zur&#252;ckschauen kann, den Gro&#223;teil der 29 Beitr&#228;ger des Bandes stellt. Die Herausgeber w&#252;rdigen Midelfort einleitend als den Begr&#252;nder einer "Schule [...], deren Repr&#228;sentanten zurzeit das Erscheinungsbild der neueren Hexenforschung bestimmen" (X).</p> <p>Die Beitr&#228;ge verteilen sich in lockerer Form auf drei Hauptabschnitte des Buches. Das Schwergewicht liegt mit fast 300 Textseiten auf dem "Speziellen Teil: S&#252;dwestdeutschland", Teil B des Sammelbandes. S&#246;nke Lorenz f&#252;hrt dort in die regionale Hexenprozessforschung ein; dann folgen 21 Beitr&#228;ge, die jeweils den aktuellen Wissensstand f&#252;r ein Territorium des s&#252;dwestdeutschen Raumes skizzieren: Corinna Schneider berichtet &#252;ber die Hexenverfolgungen in den Markgrafschaften Baden-Baden und Baden-Durlach, Anita Raith &#252;ber das Herzogtum W&#252;rttemberg, J&#252;rgen Michael Schmidt &#252;ber die Kurpfalz und Sabine Schleichert &#252;ber die vorder&#246;sterreichischen Besitzungen des Hauses Habsburg (Elsass, Breisgau, Hagenau und Ortenau). Es folgen Beitr&#228;ge &#252;ber Vorarlberg (Manfred Tschaikner), Schw&#228;bisch-&#214;sterreich (Johannes Dillinger), die s&#252;dwestdeutschen Grafschaften und F&#252;rstent&#252;mer der Hohenzollern (Casimir Bumiller), die Grafschaften Hohenlohe (Elisabeth Schraut) und Wertheim (Elmar Weiss), die s&#252;dwestdeutschen Gebiete des Mainzer Erzstifts (ebenfalls Elmar Weiss), die Hochstifte Augsburg (Wolfgang Behringer) und Konstanz (Wolfgang Zimmermann), die F&#252;rstpropstei Ellwangen (Wolfgang M&#228;hrle) und die Deutschordenskommende Mergentheim (Karin Wohlschlegel). Aufs&#228;tze &#252;ber mehrere Reichsst&#228;dte schlie&#223;en sich an: &#252;ber Esslingen (Gisela V&#246;hringer-Rubr&#246;der), Reutlingen (Thomas Fritz), Rottweil (Mario R. Zeck), Schw&#228;bisch Gm&#252;nd (Klaus Graf), Schw&#228;bisch Hall (Elisabeth Schraut) und Ulm (Bernd Schlaier); Jutta Nowosadtko berichtet &#252;ber die Scharfrichter Johann Volmar und Christoph Hiert aus Biberach. </p> <p>Der Benutzer profitiert von vier &#220;bersichtskarten (191-194), die ihm die Lokalisierung der behandelten Territorien erleichtern. In der Gesamtschau f&#252;gen sich die territorialen Fallstudien zu einer Art Handbuch zusammen, das den Interessenten nicht nur in Baden-W&#252;rttemberg auf einem durchwegs hohen Niveau &#252;ber den Forschungs- und Literaturstand informiert, der f&#252;r bestimmte territoriale und lokale Teilr&#228;ume des deutschen S&#252;dwestens erreicht ist, und ihm zugleich gestattet, einen &#220;berblick &#252;ber die Vielfalt aktueller Fragestellungen, Methoden und Erkenntnisse der neueren Hexenforschung zu gewinnen. Schade nur, dass der redaktionelle Verzicht darauf, dem Band ein Register beizugeben, den schnellen Zugriff auf lokale, personelle oder sachbezogene Details doch erheblich behindert.</p> <p>Gegen&#252;ber dem geschlossenen regionalhistorischen Block, den Teil B der Aufsatzsammlung bildet, wirken die Beitr&#228;ge des allgemeinen Teils A in ihrer Auswahl etwas zu beliebig, was aber bei einem Gemeinschaftswerk wie dem vorliegenden wohl kaum zu vermeiden ist. Auch hier bietet der Band dem Interessenten wichtige Informationen und &#220;bersichten zu Stand und Tendenzen der allgemeinen Hexenforschung: etwa zu den "Dimensionen der Hexerei: Vorstellung - Begriff - Verbrechen - Phantasie", die der Bielefelder Rechtshistoriker Wolfgang Schild in einer diachronen &#220;bersicht vorstellt, &#252;ber die Fr&#252;hgeschichte der Hexenverfolgungen in der Schweiz, am Bodensee und am Oberrhein (Andreas Blauert), &#252;ber das Verh&#228;ltnis von Hexengesetzgebung und Prozesspraxis im Alten Reich (S&#246;nke Lorenz), zur Geschichte der Alltagsmagie (Anita Chmielewski-Hagius) oder zur Virulenz der Hexenthematik in der Gegenwart (Dieter R. Bauer). Eine "Geschichte der abendl&#228;ndischen Hexenverfolgung", die Erik Midelfort beitr&#228;gt (105-118), f&#228;llt leider allzu gerafft und verk&#252;rzt aus.</p> <p>In Teil C des Bandes findet der Leser unter der &#220;berschrift "Forschungs&#252;berblick" allein einen - jedoch einen sehr gewichtigen - Beitrag: die gegen&#252;ber 1994 stark erweiterte und aktualisierte "Geschichte der Hexenforschung", die Wolfgang Behringer auf fast 200 Seiten beisteuert (485-668). Sie ist ein Lekt&#252;re-Muss f&#252;r jeden, der sich f&#252;r den forschungsgeschichtlichen Wandel auf diesem viel diskutierten Themenfeld interessiert, das, "von der Geschichtswissenschaft zeitweise vernachl&#228;ssigt", "immer wieder in eine Schl&#252;sselposition r&#252;ckte, von der aus sich auf magische Weise T&#252;ren zu Nachbardisziplinen &#246;ffnen lassen" (487).</p> <p>S&#246;nke Lorenz und J&#252;rgen Michael Schmidt, das T&#252;binger Institut f&#252;r Geschichtliche Landeskunde und die Mitarbeiter des Arbeitskreises Interdisziplin&#228;re Hexenforschung haben ein wertvolles Buch vorgelegt, wie man es sich in dieser G&#252;te auch f&#252;r andere Gro&#223;landschaften des Alten Reiches w&#252;nscht: ein Handbuch und Nachschlagewerk f&#252;r jeden, der exakte, aktuelle und forschungsnahe Informationen &#252;ber die Hexenverfolgungen im sp&#228;tmittelalterlichen und fr&#252;hneuzeitlichen S&#252;dwestdeutschland sucht. Als solches wird es f&#252;r die kommenden Jahre ein unverzichtbares Standardwerk bleiben, das eine reiche Rezeption verdient, nicht zuletzt auch als eine kompetente Einf&#252;hrung in die Geschichte der "Hexenforschung", eines Begriffes, der leider nicht "pr&#228;zise", aber doch immerhin "pr&#228;gnant" (485) ist und sich in der deutschsprachigen Forschung durchgesetzt hat, wenngleich man &#252;ber ihn nicht unbedingt gl&#252;cklich sein muss.</p> <div class="box"> <div class="header">Rezension &uuml;ber:</div> <div class="body"> <p> S枚nke Lorenz / J眉rgen Michael Schmidt (Hgg.): Wider alle Hexerei und Teufelswerk. Die europ盲ische Hexenverfolgung und ihre Auswirkungen auf S眉dwestdeutschland, Ostfildern: Thorbecke 2004, X + 668 S., 41 Abb., ISBN 978-3-7995-0137-8, EUR 29,90 </p> </div> </div> <div class="box"> <div class="header">Rezension von:</div> <div class="body"> Peter Arnold Heuser <br>Historisches Seminar, Universit盲t Bonn </div> </div> <div class="box"> <div class="header">Empfohlene Zitierweise:</div> <div class="body"> Peter Arnold Heuser: Rezension von: S枚nke Lorenz / J眉rgen Michael Schmidt (Hgg.): Wider alle Hexerei und Teufelswerk. Die europ盲ische Hexenverfolgung und ihre Auswirkungen auf S眉dwestdeutschland, Ostfildern: Thorbecke 2004, in: sehepunkte 5 (2005), Nr. 6 [15.06.2005], URL: <a href="/2005/06/5564.html">https://www.sehepunkte.de/2005/06/5564.html</a> <p><br>Bitte geben Sie beim Zitieren dieser Rezension die exakte URL und das Datum Ihres letzten Besuchs dieser Online-Adresse an.</p> </div> </div> </body> </html>

Pages: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10